Steuer- & Rechtstipps

Reparatur unentgeltlicher Zuwendungen unter Ehegatten

Ehegatten führen häufig gemeinsame Konten, halten gemeinsame Aktiendepots, zahlen die Versicherungsbeiträge oder Einkommensteuerschulden des jeweils anderen, oder kaufen Immobilien zu Miteigentum mit dem Vermögen nur eines der Ehegatten. Diese Zuwendungen können eine Schenkungsteuer auslösen, wenn sie tatsächlich unentgeltlich sind und den Steuerfreibetrag des § 16 I ErbStG von € 500.000,00 übersteigen.

Insbesondere bei der Einzahlung eines Ehegatten auf ein gemeinsames Konto, besteht die Gefahr, dass dies als unentgeltliche Zuwendung des hälftigen Kontoguthabens an den anderen Ehegatten angesehen und somit als schenkungsteuerpflichtiger Vorgang gewertet wird.

Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass die Zurechnung eines Kontoguthabens unabhängig von der Herkunft des Geldes erfolgen kann und rechnet daher das Guthaben eines Oder-Kontos den Ehegatten, entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB, hälftig zu. Zahlt nur einer der Ehegatten auf das Konto ein, vermutet die Verwaltung daher eine schenkweise Zuwendung an den anderen Ehegatten in Höhe der Hälfte des Guthabens.

Dem tritt der BFH (BFH, Urteil vom 23.11.2011 - II R 33/10 = DStR 2012, 796; BFH, Urteil vom 07.10.1998 – II R 30/97) insoweit entgegen, als er feststellt, dass alleine die Einrichtung eines Oder-Kontos noch keinen schenkungsteuerbaren Vorgang darstellt, denn alleine in der Einzahlung auf ein gemeinsames Konto liegt noch nicht zwangsläufig eine Vermögensübertragung auf den anderen Ehegatten.

Vielmehr liegt mit dem BFH auch hier nur dann eine Zuwendung vor, wenn der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt ist, also wenn und soweit der nicht einzahlende Ehegatte den dem Einzahlenden zustehenden Teil des Bankguthabens endgültig und zur freien Verfügung behalten darf. Maßgeblich sind also die im Innenverhältnis der Ehegatten getroffenen Vereinbarungen über die Verfügungsbefugnis und die wirtschaftliche Zugehörigkeit des Kontoguthabens.

Sind keine ausdrücklichen Vereinbarungen vorhanden, kommt es auf die tatsächliche Handhabung und die Mittelverwendung an.

Indiz für eine schenkweise Zuwendung kann dabei etwa sein, dass der nicht einzahlende Ehegatte wiederholt auf das Oder-Konto zugreift, um Teile des Kontoguthabens zum Aufbau eigenen Vermögens zu verwenden, eigene Einkommensteuerschulden zu tilgen, damit Grundstücke zum Alleineigentum zu erwerben oder sie auf ein eigenes Einzelkonto zu überweisen.

Um die Schenkungsteuerpflicht bei der Führung gemeinsamer Konten zu vermeiden, bietet es sich daher an, die Verfügungsberechtigungen und die wirtschaftliche Zugehörigkeit des Kontoguthabens durch eine schriftliche Vereinbarung festzulegen.

Diese Vereinbarung sollte zunächst klarstellen, dass der nicht einzahlende Ehegatte keine freie rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Kontoguthaben hat und er darüber nur zu Zwecken der Haushaltsführung und der gemeinsamen Lebensführung verfügen darf.

Sie sollte weiter auch eine Rückgewährpflicht für Beträge enthalten, die der andere Ehegatte ohne Zustimmung oder Auftrag des einzahlenden Ehegatten abgehoben hat und die er für Zwecke verwendet hat, die nicht der Haushaltsführung dienten. Diese Vereinbarung sollte dann auch tatsächlich so gelebt werden, da die Finanzverwaltung sie sonst in Frage stellt.

Liegt eine derartige Klarstellungsvereinbarung nicht vor, oder kann sie nicht nachgewiesen werden, kann die eingetretene Schenkungsteuerpflicht nachträglich durch die sogenannte Güterstandsschaukel beseitigt werden.

Dies bedeutet, dass Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand leben, die Zugewinngemeinschaft durch notariellen Vertrag aufheben und Gütertrennung vereinbaren. Die während des Bestands der Zugewinngemeinschaft ausgetauschten unentgeltlichen Verfügungen werden dabei als Vorausempfänge iSd § 1380 BGB auf die Zugewinnausgleichsforderung angerechnet. Dies hat gem. § 29 I Nr. 3 ErbStG zur Folge, dass die Schenkungsteuer mit Wirkung für die Vergangenheit entfällt. Zudem unterliegt auch die Ausgleichsforderung selbst gem. § 5 II ErbStG nicht der Schenkungsteuer.

Die Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung muss dabei nach Maßgabe der zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 1372 ff. BGB erfolgen: Zunächst sind die Vermögen der beiden Ehegatten zu Beginn des Güterstandes (in der Regel Zeitpunkt der Eheschließung) und bei Aufhebung desselben zu vergleichen. Derjenige Ehegatte, der den geringeren Vermögenszuwachs zu verzeichnen hat, hat dann Anspruch auf die Hälfte des Differenzbetrags zwischen beiden Zugewinnen. Gab es nun während der Ehe unentgeltliche Zuwendungen, die als Vorausempfang auf die Zugewinnausgleichsforderung angerechnet werden sollen, mindern diese die Ausgleichsforderung.

Als Beispiel soll folgende Rechnung dienen:

Unterstellt, beide Ehepartner haben zu Beginn des Güterstandes kein nennenswertes Vermögen und das gesamte Vermögen bei Ende des Güterstandes besteht aus einem Oder-Konto, auf das der Ehemann im Laufe der Ehe € 3,5 Mio. eingezahlt hat. Wenn nun nach dem oben Gesagten hier eine unentgeltliche Zuwendung in Höhe von € 1,75 Mio. anzunehmen ist, die als Vorausempfang zu behandeln ist, berechnet sich die Ausgleichsforderung wie folgt:

  Ehemann Ehefrau
Anfangsvermögen € 0,00 € 0,00
Endvermögen € 1.750.000,00 € 1.750.000,00
Vorausempfang  + € 1.750.000,00 - € 1.750.000,00
Zugewinn + € 3.500.000,00 - € 0,00

Ausgleichsforderung Ehefrau: (€ 3,5 Mio. : 2) - € 1.750.000,00 = € 0,00

Die so ermittelte Zugewinnausgleichsforderung ist steuerfrei (§ 5 II ErbStG). Da kein weiteres Vermögen vorhanden ist, wurde der gesamte Zugewinnausgleich hier schon durch den Vorausempfang steuerfrei übertragen.

In der Folge können die Ehegatten dann wieder zum Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückkehren.

Häufig möchten die Ehegatten jedoch keinen vollständigen Zugewinnausgleich durchführen, sondern nur die erfolgten unentgeltlichen Zuwendungen „heilen“. Um dies zu erreichen ist eine vertragliche Modifikation des Zugewinnausgleichs erforderlich. Auch dies wird steuerlich anerkannt, solange die zivilrechtlichen Grenzen der Gestaltungsfreiheit gewahrt werden.

München, August 2018

 

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