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§ 2 - Die vorweggenommene Erbfolge

03. Mär 2021

IV. Die Vermögensübergabe an minderjährige Kinder

1. Die Übertragung von Immobilien an Minderjährige

Wenn Eltern schenkungsweise Grundbesitz auf ihre minderjährigen Kinder übertragen wollen, werden sie oftmals von Genehmigungserfordernissen und Pflegerbestellungen für das ihrer Ansicht nach einfache Rechtsgeschäft überrascht.[1]

Die Eltern sind wegen Interessenkollision von der Vertretung ihrer Kinder ausgeschlossen, falls sie eine ihnen gehörende Immobilie auf die Kinder übertragen wollen (§§ 1629 II, 1795 II, 181). Ist nur ein Elternteil Eigentümer der Immobilie, so ist es dem anderen auch in diesem Fall verwehrt, als gesetzlicher Vertreter der Kinder aufzutreten. Wollen Großeltern eine Übertragung auf die Enkel vornehmen, sind die Eltern ebenfalls von einer Vertretung ihrer Kinder ausgeschlossen. In all diesen Fällen ist für die Kinder ein Ergänzungspfleger zu bestellen, welcher für sie handelt (§ 1909 I).

Ist der Überlassungsvertrag für das minderjährige Kind lediglich rechtlich vorteilhaft, ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht erforderlich.[2] Dies ist der Fall, wenn der Minderjährige in dem Vertrag keine persönliche Verpflichtung übernimmt und sich seine Haftung nur auf die geschenkte Immobilie beschränkt. Die Schenkung eines unvermieteten und unverpachteten Hausgrundstücks ohne Gegenleistungen bringt dem Minderjährigen daher lediglich einen rechtlichen Vorteil. Die unentgeltliche Überlassung einer Eigentumswohnung, die regelmäßig mit dem Eintritt in den Hausverwaltervertrag verbunden ist, ist nicht lediglich vorteilhaft und erfordert dagegen stets die Einschaltung eines Ergänzungspflegers.[3] Ist das Grundstück mit einer Grundschuld belastet, besteht darin kein rechtlicher Nachteil für den Minderjährigen. Auch ein Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Übergebers ist nicht rechtlich nachteilig, jedenfalls dann nicht, wenn der Nießbraucher die Kosten der außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außergewöhnlichen Grundstückslasten und die öffentlichen Lasten (z. B. Grundsteuer) zu tragen hat. Im Vertrag aufgenommene Rückfallklauseln stellen ebenfalls keinen rechtlichen Nachteil dar.[4] Ein auf den Erwerb eines vermieteten Grundstücks gerichteter Vertrag ist für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, auch dann nicht, wenn sich der Übergeber den Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten hat.[5]

Da die Beurteilung, ob das Rechtsgeschäft lediglich vorteilhaft ist, mit Unsicherheiten verbunden sein kann, empfiehlt es sich, in nicht eindeutigen Fällen vorsorglich auf eine Pflegerbestellung hinzuwirken.

Für die Übertragung von Grundbesitz auf die Kinder kann darüber hinaus noch zusätzlich die Genehmigung des Vertrages durch das Familiengericht erforderlich sein (§ 1643 I). Zur Genehmigungspflicht führt beispielsweise jede Gegenleistung des Minderjährigen. Eine Schenkung führt grundsätzlich nicht zu einer Genehmigungspflicht.[6]

[1]       Everts, ZEV 2004, 231
[2]       Wilhelm, NJW 2006, 2353
[3]       BGH NJW 2010, 3643
[4]       BGH NJW 2005, 415
[5]       BGH ZEV 2005, 209
[6]       OLG Hamm FamRZ 2015, 337

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