Erbrecht Online

§ 3 - Die gesetzliche Erbfolge

15. Jun 2021

2. Das Erbrecht des Ehegatten bei der Zugewinngemeinschaft

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist für Eheleute zwingendes Recht, solange sie nicht durch einen notariell beurkundeten Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben. Die Zugewinngemeinschaft ist also der vertragslose Güterstand.

Um die erbrechtlichen Konsequenzen der Zugewinngemeinschaft richtig zu verstehen, ist es erforderlich, sich ihr Wesen zu verdeutlichen.

Der Begriff „Gemeinschaft“ ist irreführend. Sowohl das von einem Ehegatten bei der Eheschließung eingebrachte Vermögen als auch das später während der Ehezeit von ihm erworbene Vermögen werden nicht gemeinschaftliches Vermögen. Erbt ein Ehegatte z. B. ein Grundstück, wird der andere Ehegatte nicht etwa Miteigentümer. Eine gemeinschaftliche Vermögensmasse entsteht nicht. Beide Ehegatten sollen jedoch an dem Vermögen, das sie während der Ehe geschaffen haben, in gleicher Weise beteiligt werden. Daher wird bei der Beendigung des Güterstandes – durch Scheidung, Ehevertrag oder Tod – der Zugewinn unter den Ehegatten ausgeglichen.

Der Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen übersteigt (§ 1373). Die Ehegatten haben getrennt voneinander festzustellen, ob sie während der Ehe jeweils für sich einen Überschuss – den Zugewinn – erwirtschaftet haben. Übersteigt nun der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu (§ 1378).[1]

Im Einzelnen ist die Berechnung des Zugewinns nicht einfach. Der Gesetzgeber hat daher eine pauschale Regelung vorgenommen. Bei der Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten wird nicht geprüft, ob oder inwieweit ein Zugewinn angefallen ist. Der Ausgleich erfolgt durch die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils um pauschal 1/4 der Erbschaft (§ 1371 I). Um dieses 1/4 erhöht sich der gesetzliche Erbteil.

Unter Berücksichtigung des gesetzlichen Güterstandes fallen für den Ehegatten folgende Erbteile an:

–    Neben Verwandten der ersten Ordnung erhält der Ehegatte einen Erbteil von 1/4 und 1/4 als Ausgleich des Zugewinns, insgesamt 1/2 der Erbschaft. Sind z. B. neben dem überlebenden Ehegatten noch zwei Kinder vorhanden, so erben diese die andere Hälfte, also je 1/4.

–    Neben Verwandten der zweiten Ordnung erhält der überlebende Ehegatte außer seinem Erbteil von 1/2 noch 1/4 als Ausgleich des Zugewinns, also insgesamt 3/4. Das restliche 1/4 geht an die Verwandten der zweiten Ordnung.

Beispiel:

Die Eheleute sind im gesetzlichen Güterstand verheiratet. Der Ehemann stirbt kinderlos, seine Eltern sind bereits verstorben. Er hinterlässt seine Ehefrau und einen Bruder.

Die überlebende Ehefrau erhält neben dem Bruder, der der zweiten Ordnung angehört, 1/2 und den erhöhten Erbteil von 1/4, insgesamt 3/4. Der Bruder erbt 1/4.

–    Neben Verwandten der dritten Ordnung ist der Erbteil verschieden:

Sind nur noch Großeltern vorhanden, erhält der Ehegatte neben seinem Erbteil von 1/2 noch 1/4, insgesamt 3/4. Das verbleibende 1/4 erhalten die Großeltern zu gleichen Teilen.

Hinterlässt der Erblasser neben dem Ehegatten einen Großelternteil und einen Abkömmling eines vorverstorbenen Großelternteils, erbt der überlebende Ehegatte außer seinem Erbteil von 1/2 noch 1/4 als Ausgleich für den Zugewinn, zusammen 3/4. Hinzukommt noch der Anteil, der an den Abkömmling des vorverstorbenen Großelternteils fallen würde, mithin 1/8. Er erhält also 6/8 + 1/8, insgesamt 7/8.

Der überlebende Ehegatte kann die Erbschaft und/oder ein Vermächtnis ausschlagen, so dass er weder Erbe noch Vermächtnisnehmer ist. Er erlangt dann den Anspruch auf Zugewinnausgleich und den kleinen Pflichtteil (§ 1371 III).

[1]       Brudermüller, FamRZ 2009, 1185

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