Erbrecht Online

§ 3 - Die gesetzliche Erbfolge

03. Mai 2021

IV. Das Erbrecht der Geschwister und Halbgeschwister

Hinterlässt der Erblasser Abkömmlinge, gehen seine Geschwister leer aus. Abkömmlinge gehören der ersten Ordnung an und schließen Geschwister des Erblassers, die Erben der zweiten Ordnung sind, aus.

Auch die Eltern gehen den Geschwistern des Erblassers vor. Die Geschwister treten jedoch an die Stelle eines verstorbenen Elternteils und erben dessen Anteil.

Infolge der stetig zunehmenden Scheidungen und Wiederverheiratungen sowie der steigenden Zahl der nichtehelichen Kinder spielt das Problem des erbrechtlichen Verhältnisses von Halbgeschwistern eine immer größer werdende Rolle. Nach dem Linienprinzip wird dieses Problem in der Weise gelöst, dass Halbgeschwister nur an der Hälfte teilnehmen, die auf den mit dem Erblasser gemeinsamen Elternteil entfallen wäre. Sie rücken also entweder in den Erbteil des Vaters oder in den Erbteil der Mutter ein. Vollbürtige Geschwister treten dagegen in die Erbteile sowohl des Vaters als auch der Mutter ein.

Beispiel:

Aus der Ehe von Anton und Anna sind die Kinder Brigitte und Claudia hervorgegangen. Die Ehe wird geschieden. Aus der zweiten Ehe von Anton stammt sein Sohn Franz. Die Tochter Brigitte stirbt ledig und kinderlos.

Brigittes Eltern Anton und Anna erben als Verwandte der zweiten Ordnung je 1/2. Die Geschwister sind von der Erbschaft ausgeschlossen, solange die Eltern leben. Das Vorhandensein von Kindern aus verschiedenen Ehen hat hier erbrechtlich gesehen keine Auswirkungen.

War Anton, der Vater von Brigitte, bereits vorverstorben, kommt das Liniensystem zur Anwendung: Zunächst erhält die Mutter Anna die Hälfte des Nachlasses. Die andere Hälfte, die an den Vater Anton vererbt worden wäre, fällt an dessen noch lebende zwei Kinder Claudia aus erster und Franz aus zweiter Ehe; beide erhalten je 1/4.

Eine Abwandlung unseres Falles: Auch die Mutter Anna war vorverstorben. Dann fällt die Hälfte, die an sie von Brigitte vererbt worden wäre, allein an ihre Tochter Claudia aus erster Ehe. Hier bilden nur die Mutter und Claudia eine Linie. Claudia erbt insgesamt 1/4 (Anteil des Vaters) + 1/2 (Anteil der Mutter) = 3/4, Franz dagegen nur 1/4 (Anteil des Vaters). Da Claudia als vollbürtige Schwester über beide Elternteile zum Zuge kommt, erhält sie mehr als Franz, der als halbbürtiger Bruder nur über den Anteil seines Vaters Erbe wird.

Wäre auch die kinderlose Claudia vorverstorben, so erbt der halbbürtige Bruder Franz allein. Franz ist Erbe der zweiten Ordnung und schließt Erben der dritten und weiterer Ordnungen aus. Ist also auch nur ein erbberechtigter Abkömmling eines Elternteils vorhanden, voll- oder halbbürtig, ehelich oder nichtehelich, erhält er vor den Großeltern und deren Abkömmlingen die ganze Erbschaft.

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