Steuer- & Rechtstipps
Die Erfüllung formunwirksamer letztwilliger Verfügungen
Letztwillige Verfügungen, die nicht formwirksam errichtet werden (z.B. mit Computer statt handschriftlich oder mündliche Anordnungen), sind unwirksam. In erbschaftsteuerlicher Hinsicht können formunwirksame letztwillige Anordnungen trotzdem Geltung erlangen.
Voraussetzung ist, dass, vom Formmangel abgesehen, eine Anordnung des Erblassers von Todes wegen vorliegt und die Hinterbliebenen die Verteilung des Nachlasses entsprechend dem unwirksamen Testament vornehmen. Die Erbschaftsteuer ist dann so festzusetzen, wie sie bei der Gültigkeit des Testaments zu erheben gewesen wäre. Damit ist die steuerliche Korrektur eines wirksamen früheren Testaments durch eine formunwirksame spätere Anordnung des Erblassers möglich.
Beispiel
Herr Fischer hatte in seinem 1990 errichteten Testament seinen einzigen Sohn Gerhard zu seinem alleinigen Erben eingesetzt. Wenige Tage vor seinem Tod im Jahr 2008 erklärte er mündlich als letzten Willen, dass die beiden Kinder von Gerhard jeweils Vermächtnisse in Höhe von EUR 50.000 erhalten sollen. Nach dem Tod des Vaters befolgte Gerhard dessen Willen und zahlte an seine beiden Kinder die Vermächtnisbeträge aus.
Die von Herrn Fischer mündlich angeordneten Vermächtnisse sind zwar formunwirksam. Die Hinterbliebenen haben aber den - unwirksam erklärten - letzten Willen des Erblassers verwirklicht. Erbschaftsteuerlich sind daher die zugunsten der Enkel von Herrn Fischer angeordneten Vermächtnisse zu berücksichtigen. Der erbschaftsteuerliche Erwerb von Gerhard vermindert sich insoweit. Der steuerlich ungünstige Alleinerwerb von Gerhard konnte daher durch die mündlichen Vermächtnisse korrigiert werden.