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Steuerbefreiung für ein Familienheim oder ein zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück im Fall der Erbauseinandersetzung
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 23.6.2015, II R 39/13
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger und seine Schwester beerbten den gemeinsamen, im Dezember 2010 verstorbenen, Vater zu je 1/2. Der Nachlass umfasste ein Zweifamilienhaus. Eine Wohnung war vom Vater und der Schwester gemeinsam genutzt worden. Eine Wohnung war fremdvermietet. Ende des Jahres 2011 zog der Kläger in die vormalige Wohnung des Vaters ein. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung im März 2012 erhielt der Kläger das Alleineigentum an dem Zweifamilienhaus. Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung für die selbstgenutzte Wohnung nur entsprechend dem Erbteil des Klägers und damit nur zur Hälfte.
In § 13 ErbStG ist geregelt, welche Tatbestände der Erbschaftssteuer nicht unterfallen. Kinder des Erblassers können ein vom Erblasser zu Wohnzwecken genutztes Familienheim steuerfrei erwerben, wenn sie innerhalb angemessener Zeit nach dem Erbfall die Absicht fassen, das Familienheim selbst für eigene Wohnzwecke zu nutzen. Da es sich bei der Absicht um eine nicht nachvollziehbare innere Tatsache handelt, muss sich die innere Tatsache nach außen manifestieren, um steuerliche Berücksichtigung zu finden. Dies geschieht, indem in das Familienheim auch tatsächlich eingezogen wird. Es bleibt die Frage, welcher Zeitraum im Sinne der Vorschrift angemessen ist. Darauf ist der BFH in dem oben genannten Urteil näher eingegangen.
Angemessen sei regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten. Werde die Selbstnutzung der Wohnung erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen, könne ebenfalls eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings müsse der Erwerber in diesem Fall darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen habe, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich gewesen sei und warum er diese Gründe nicht zu vertreten habe. Solche Gründe können z. B. vorliegen, wenn sich der Einzug wegen einer Erbauseinandersetzung zwischen Miterben oder wegen der Klärung von Fragen zum Erbanfall und zu den begünstigten Erwerbern über den Sechsmonatszeitraum hinaus um einige weitere Monate verzögere.
Neben der Frage, ob der Einzug durch den Kläger in angemessener Zeit erfolgte, stellte sich die Frage, ob die Steuerbefreiung nur im Hinblick auf den Erbteil des Klägers oder in vollem Umfang zu gewähren war, da der Kläger das gesamte Grundstück samt Zweifamilienhaus im März 2012 erwarb. Letzteres kommt in Frage, da das Erbschaftssteuergesetz unter gewissen Voraussetzungen einen Begünstigungstransfer vorsieht.
So kann das Kind, welches einen Anteil am Familienheim erbt und den restlichen Anteil am Familienheim erst im Rahmen der Erbauseinandersetzung erhält, so gestellt werden, als hätte es das Familienheim unmittelbar mit dem Tod des Erblassers erhalten. Der BFH stellte in seinem Urteil klar, dass der Begünstigungstransfer nicht deshalb abgelehnt werden könne, weil die Erbauseinandersetzung nicht zeitnah erfolge, wenn die restlichen Voraussetzungen gegeben seien. Die selbstgenutzte Wohnung im Grundstück erfülle vorliegend die Voraussetzungen eines Familienheims. Der Kläger habe die Wohnung unverzüglich nach dem Ableben des Vaters am 24.Dezember 2010 zur Selbstnutzung zu Wohnzwecken bestimmt. Auch das Finanzamt habe für den von Todes wegen erworbenen Anteil des Klägers die Steuerbegünstigung für ein Familienheim gewährt; es sei also ersichtlich davon ausgegangen, dass eine unverzügliche Bestimmung der Wohnung zur Selbstnutzung vorliege. Unmaßgeblich sei, dass die Vereinbarung über die Erbauseinandersetzung erst am 23. März 2012 und damit nach Ablauf von ca. 15 Monaten nach dem Erbfall abgeschlossen wurde.
Die gleichen Grundsätze würden im Übrigen auch für die vermietete Wohnung gelten. Der verminderte Wertansatz sei ebenfalls nicht von einer zeitnahen Erbauseinandersetzung abhängig gewesen.
München, September 2015
RA Andreas Miehler