Steuer- & Rechtstipps

Die gebührenrechtliche Privilegierung für die Eintragung von Erben infolge einer Erbauseinandersetzung

Es ist eine typische Beratungssituation für Steuerberater und Rechtsanwälte für Erbrecht, dass ein Mandant in die Kanzlei kommt, erzählt, dass jemand verstorben ist und er einen Brief vom Nachlassgericht erhalten hat.

Liegt eine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) vor und wird diese beim Nachlassgericht abgegeben, so eröffnet das Nachlassgericht die letztwillige Verfügung und informiert die Personen, die durch das Testament bedacht sind (Erben/Vermächtnisnehmer) sowie die Personen, die an sich gesetzliche Erben geworden wären, aufgrund des Testaments aber nicht Erbe geworden sind. Letztere haben sodann die Möglichkeit, gegen das Testament binnen zwei Wochen Einwendungen vorzubringen. Vermächtnisnehmer werden darauf hingewiesen, dass sie ihr Vermächtnis gegenüber den Erben geltend machen können. Die potentiellen Erben werden auf ihre Erbenstellung hingewiesen. Sie werden gefragt, ob sie die Erbschaft annehmen wollen. Ebenso werden sie belehrt, dass sie die Erbschaft formell ausschlagen müssen, sollten sie die Erbenstellung nicht antreten wollen. Befindet sich im Nachlass Grundbesitz, werden die Erben zudem gefragt, ob die Berichtigung des Grundbuchs gewünscht ist. Dabei werden sie darauf hingewiesen, dass die Berichtigung des Grundbuches binnen zwei Jahren kostenfrei ist. Der rechtliche Laie tendiert dazu, die Grundbuchberichtigung aufgrund der Kostenfreiheit unmittelbar zu beantragen. Wie dieser Beitrag zeigt, ist dies zumeist die falsche Entscheidung.

I. Rechtliche Ausgangssituation

Die Privilegierung geht auf die Anmerkung zu Nr. 14140 KV GNotKG zurück: Die Gebühr wird nicht für die Eintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers (…) erhoben, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird. Dies gilt auch, wenn die Erben erst infolge einer Erbauseinandersetzung eingetragen werden. Nach früherem Recht (§ 60 IV KostO) war nur die Eintragung der Erbengemeinschaft an sich privilegiert. Im Rahmen der Neuordnung des Kostenrechts hat der Gesetzgeber das Gebührenprivileg erweitert und auf die Sachverhalte erstreckt, in denen „die Erben erst infolge einer Erbauseinandersetzung eingetragen werden“.

 

Beispiel

Die verwitwete Mutter M verstirbt und hinterlässt die Kinder K1 und K2. Im Nachlass befindet sich eine Immobilie.

 

K1 und K2 können sich jetzt entscheiden, ob sie die Immobilie langfristig in der Erbengemeinschaft belassen oder ob einer von ihnen die Immobilie (beispielsweise gegen Auszahlung) übernimmt. Sollten sich K1 und K2 für die erste Variante entscheiden, können sie innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall die Eintragung der Erbengemeinschaft verlangen. Diese wäre kostenfrei. Sollten sich die Kinder entscheiden, dass einer von ihnen die Immobilie übernimmt, so ist dies in einem entsprechenden notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag zu regeln. Dabei können die gewünschten Gegenleistungen (im Übrigen grunderwerbsteuerfrei, vgl. § 3 Nr. 3 GrEStG) bestimmt werden. Die Eintragung des Kindes, welches die Immobilie letztlich übernehmen soll, ist kostenfrei, vorausgesetzt, es erfolgte zuvor nicht die Eintragung der Erbengemeinschaft, die vorliegend nicht notwendig ist.

In diesem Zusammenhang einzig streitig war, ob das Privileg auch gilt, wenn die Immobilie einem Erben zusätzlich zu seinem Erbteil als Vorausvermächtnis zugewandt wurde.

 

Beispiel

Die verwitwete Mutter M verstirbt und hinterlässt die Kinder K1 und K2. In einem Testament hat sie bestimmt, dass beide Kinder zu gleichen Teilen erben, K1 jedoch zusätzlich (= Vorausvermächtnis) zu seinem Erbteil die Immobilie erhält.

 

Die Streitigkeit wurzelt in dem Wortlaut der Anmerkung, der sich lediglich auf die „Erbauseinandersetzung“ bezieht. Was der Begriff Erbauseinandersetzung im Kostenrecht bedeutet, bleibt unklar. Eine Definition erfolgte nicht.

Zivilrechtlich ist die Erbauseinandersetzung die Beendigung der Erbengemeinschaft durch Aufteilung der Bestandteile auf die einzelnen Miterben nach Bereinigung der Nachlassverbindlichkeiten. Zivilrechtlich stellt die Erfüllung eines Vorausvermächtnisses keine Auseinandersetzung oder Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft dar. Es handelt sich lediglich um die Erfüllung einer Verbindlichkeit. Nach richtiger Auffassung der Oberlandesgerichte Stuttgart und München erstreckt sich die Privilegierung auch auf die Erfüllung von Vorausvermächtnissen (zu alledem: OLG München, Beschluss vom 15.12.2015 - 34 Wx 334/15 Kost = ZEV 2016, 261 ff).

Telos der Norm sei, die zeitnahe Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften zu fördern, um deren Perpetuierung im Grundbuch möglichst zu vermeiden. Andernfalls könne es bereits nach wenigen aufeinanderfolgenden Erbfällen zu höchst unübersichtlichen Grundbüchern kommen, deren Bereinigung oftmals auch erhebliche materiell-rechtliche Schwierigkeiten nach sich ziehen könne. Gerade das Herauslösen aus dem gesamthänderischen Verbund solle gefördert werden. Die Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts sei nach dem Willen des Gesetzgebers daher auch in den Fällen gebührenfrei, in denen die Auflassung in Erfüllung eines Vorausvermächtnisses erfolge.

II. Konsequenzen für den Berater

Sollte sich der Berater in der anfangs beschriebenen Situation wiederfinden, so sollte er dem Mandanten zunächst raten, die Grundbuchberichtigung nicht zu beantragen. Dabei hat der Berater dafür Sorge zu tragen, dass auch die weiteren Miterben entsprechend informiert werden, da das Grundbuchamt die Berichtigung bereits vornimmt, sobald nur ein Erbe die Berichtigung beantragt.

Sodann muss geklärt werden, was in der Erbengemeinschaft gewollt ist. Nur wenn die Erbengemeinschaft die Immobilie im gesamthänderischen Verbund halten will, ist die Eintragung der Erbengemeinschaft zu empfehlen. Soll das Grundstück einem Miterben zugewiesen werden, so sollte darauf geachtet werden, dass der Vollzug innerhalb von zwei Jahren von statten geht und dass keine Zwischeneintragung der Erbengemeinschaft erfolgt.

Wenn einem Miterben ein Grundstück via Vorausvermächtnis zugewendet wurde, so ist auch hier auf einen Vollzug innerhalb von zwei Jahren zu achten. Zudem ist zu kontrollieren, ob auch - der oben dargestellten Rechtsprechung entsprechend - wirklich keine Gebühr nach Nr. 14110 KV GNotKG erhoben wird. Letztlich ist der Erbe, welcher zudem durch ein Vorausvermächtnis begünstigt ist, darüber aufzuklären, dass die Privilegierung wegfällt, sollte er die Erbschaft ausschlagen und nur sein Vorausvermächtnis geltend machen wollen.

München, Oktober 2019

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